Rebjahr und Weinlese 2023 im Kanton St. Gallen
Simone Aberer, Landwirtschaftliches Zentrum SG, Fachstelle Weinbau, Salez
Simone Aberer, Landwirtschaftliches Zentrum SG, Fachstelle Weinbau, Salez
Mitte August sprach man schon von einer Jahrhunderternte. Diese Aussagen mussten leider Ende August korrigiert werden. Starke Niederschläge und Temperaturschwankungen machten einigen Rebsorten zu schaffen. Nichtsdestotrotz wurden bei den weissen Sorten sehr gute Mengen und Qualitäten geerntet. Die roten spätreifen Sorten profitierten vom sonnenverwöhnten Oktober, was die Winzerherzen höherschlagen liess.
Der Winter hat auch bei uns zu wünschen übrig gelassen. Mit einem Temperaturhoch um die Neujahrszeit mit teilweise bis zu 20°C, gefolgt von überdurchschnittlich hohen Temperaturen in der ersten Januarhälfte, konnte ein sehr warmer und niederschlagsarmer Winter verzeichnet werden. In weiten Teilen der Schweiz lag der Niederschlag in den Wintermonaten von Dezember bis Februar rund 50 % unter dem üblichen Schnitt.
Was im Winter an Regen fehlte, kam dafür im Frühjahr. In den meisten Regionen wurde im April doppelt so viel Niederschlag wie im Vorjahr verzeichnet. Auch im Vergleich zum langjährigen Mittel (1991-2020) sind die Niederschlagsmengen enorm hoch gewesen. Die Temperaturen waren teilweise recht kühl, was auch den Austrieb etwas verzögert hat. Trotz verzögertem Austrieb, stieg das Infektionsrisiko mit Falschen Mehltau rasant an. Die nasse Witterung erschwerte den Pflanzenschutz und viele Betriebe mussten schon frühzeitig Verluste durch den Falschen Mehltau in Kauf nehmen.
Ab Mitte Mai besserte sich dann das Wetter und es herrschte eine lange Trockenperiode. Die warme Witterung hatte den Reben einen ordentlichen Schub gegeben. Das Wachstum der Triebe war stark, aber auch das Gras wuchs eifrig mit. Somit waren die Winzerinnen und Winzer fleissig mit Arbeiten wie Einschlaufen, Auslauben und Mähen beschäftigt. Dank der trockenen Witterung konnte die Blüte unter optimalen Bedingungen zügig ablaufen und es kam nur selten zu Verrieselungen. In den ersten zwei Juniwochen war der Grossteil der Blüte bereits abgeschlossen.
Die Hitzewelle hielt inne und so manche Junganlage musste daher bewässert werden. Da die jungen Reben noch nicht so tief wurzeln, musste man hier sehr wachsam sein. Teilweise litten auch die älteren Rebstöcke unter der enormen Trockenheit. Falscher Mehltau konnte sich nicht weiter etablieren, da er eine feuchtere und kühlere Witterung bevorzugt. Der Echte Mehltau hingegen mochte die warme und trockene Witterung und überraschte einige Produzenten.
Hagelschäden gab es im Raum Will und ein Hagelstreifzug reichte von Werdenberg bis Buchs bis über die Grenze ins benachbarte Liechtenstein hinaus.
Trotz des schwierigen Startes im Frühjahr, gefolgt vom Kampf gegen Echten und Falschen Mehltau, sahen die Weingärten im August wunderschön aus. Man darf den Tag jedoch nicht vor dem Abend loben; solange die Ernte nicht im Keller ist, kann noch Vieles passieren. Der Wetterumschwung Ende August mit starken Niederschlägen und kühlen Temperaturen bedeutete für viele Rebsorten sehr viel Stress.
Die Folgen waren aufgeplatzte Beeren, eingeschrumpelte Beeren, Botrytis, Essigfäule, weshalb die Winzerinnen und Winzer frühzeitig mit der Lese beginnen mussten. Bereits in der ersten Septemberwoche wurde mit der diesjährigen Wimmet begonnen. Die letzten Trauben wurden in den ersten zwei Oktoberwochen geerntet.
Durch das rasche Handeln der Produzentinnen und Produzenten konnten gute bis sehr gute Qualitäten in die Keller gebracht werden. Bei manchen Sorten wie z.B. dem Blauburgunder gab es einen Mehraufwand beim Söndern, der zum Qualitätserhalt geführt hat. Mengenmässig sind die Winzerinnen und Winzer zufrieden. Die Ertragserhebung ergab einen um ca. 7% geringeren Ertrag als im Jahr 2022. Das diesjährige Ergebnis liegt mit ca. 6% jedoch leicht über dem 10-jährigen Schnitt (Æ 10 Jahre: 994`036 kg).
Mittlerweile sind die Weine durchgegoren und freuen sich auf eine weitere Lagerung und Reifezeit im Stahltank oder Barrique, bevor sie dann auf die Flasche kommen. Die Weissweine zeigen jetzt schon eine schöne fruchtige Nase und werden begleitet von einer filigranen Säure. Aufgrund der frühen Blauburgunder Ernte wird es sicher mehr Federweiss geben, der dafür mit einer super Frische und Fruchtigkeit überzeugen wird. Bei Holzfass oder Barrique gereiften Blauburgunder steht uns die entscheidende Phase noch bevor. Aufgrund vieler eingetrockneter Beeren wird sich eine vollere und reifere Aromatik präsentieren, die dennoch von einer guten Säurestruktur begleitet wird. Die roten Spezialitäten werden vielschichtige Weine mit Frucht und Tiefgang liefern. Es bleibt spannend und die Konsumenten dürfen sich auf einen aufregenden Jahrgang 2023 freuen