Rebjahr und Weinlese 2022

Ein sonnenverwöhnter Sommer und ein goldener Herbst sind die Zutaten für das hervorragende Weinjahr 2022. Die Qualität der weissen Hauptsorte Müller-Thurgau (Riesling-Silvaner) liegt bei sehr guten 78° Oechsle. Die rote Hauptsorte, die Blauburgunder, erreichten wunderbare 94° Oechsle. Die Menge liegt leicht über dem Zehnjahresdurchschnitt. Die verschiedenen Spezialitäten-Rebsorten wie Chardonnay, Sauvignon blanc, Merlot oder Diolinoir sind in einer optimalen Qualität geerntet worden.

Das Rebjahr im Überblick

Ein äusserst trockener Frühling

Der vergangene Winter brachte mindestens im Flachland ziemlich wenig Schnee. Die kälteste Nacht des vergangenen Winters wurde am 12. Januar mit minus 8.8°C gemessen. Den ganzen Winter über sind keine richtigen Kältewellen aufgetreten. Im Februar fielen wenige Niederschläge, die allermeisten als Regen. Nach einem äusserst trockenen März kehrte anfangs April der Winter nochmals für kurze Zeit zurück. Zum Glück verharrten die Triebspitzen zu diesem Zeitpunkt noch in der schützenden Knospe. Der Austrieb folgte um Mitte April bei angenehm warmen Frühlingswetter.

Bereits anfangs Mai zeigte es sich, dass in den frühen Reblagen und bei empfindlichen Sorten wie Chardonnay und Muscaris doch noch leichte Frostschäden in Kauf genommen werden mussten. Der Wonnemonat Mai brachte für einmal viel Sonne und jeweils rechtzeitig den notwendigen Regen. Alles in allem ein gelungener Start in das neue Weinjahr.

Rebenblühet im Mai

Aufgrund der optimalen Wasserversorgung wuchsen die Reben kräftig. Bereits Ende Mai betrug der Vegetationsvorsprung rund zwei Wochen. In dieser Zeit konnten die ersten blühenden Gescheine beobachtet werden. Das ist ungewöhnlich früh. Der Blühet wurde anfangs Juni durch regnerisches Wetter etwas in die Länge gezogen. Der zweitwärmste Juni seit Messbeginn sorgte für ein üppiges Wachstum. Die teils kräftigen Gewitter brach-ten immer wieder Regen und an Pfingsten am Buechberg in Thal leider auch Hagel mit teils gravierenden Schäden. In allen anderen St. Galler Weinbaugemeinden hagelte es während des ganzen Sommers kaum.

 

Über die Sommermonate waren unsere Winzer und Winzerinnen mit den anstehenden Laubarbeiten stark gefordert. Kaum sind wieder Triebe eingeschlauft worden, musste aufgrund des enormen Wachstums bereits wieder von vorne damit begonnen werden. Das Auslauben der Traubenzone wird als Vorbeugung gegen Pilzkrankheiten immer wichtiger. In weniger hektischen Zeiten musste mehrmals das Gras gemäht und Jungreben ausgehackt werden, damit diese einen guten Start ins Leben erwischten. Dank des enormen Vegetationsvorsprungs von gegen drei Wochen anfangs August konnten die Pflanzenschutzarbeiten bereits abgeschlossen werden.

 

Nach der Wachstumsphase folgt jeweils die Reifephase. Bei den roten Sorten ist das langsame Verfärben der Beeren ein sicheres Indiz. Bei den weissen Sorten wechseln die Beeren auf eine gelbliche Farbe und das Rebholz beginnt sich aufzuhellen und zu verholzen. Ab Reifebeginn nimmt der Zuckergehalt bei sonnigem Wetter täglich um etwa ein Oechslegrad zu. Gleichzeitig baut sich die Säure ab und die Aromabildung wird aufgrund der kühleren Nachttemperaturen gefördert. Die Reifeentwicklung wird durch die Winzer unterstützt indem Trauben reguliert werden. Das Herausschneiden der überzähligen Trauben ist äussert wichtig für eine optimale Qualität. Bei einem starken Behang werden vor allem die noch wenig entwickelten Trauben weggeschnitten.

Eine sehr frühe Weinlese

Erste Oechslemessungen um Mitte August bestätigten, dass mit einer sehr frühen Weinlese gerechnet werden durfte. Das aussergewöhnlich sonnige und warme Spätsommerwetter war buchstäblich Gold wert und deutete auf einen vielversprechenden Jahrgang hin. Jeder Winzer und jede Winzerin weiss aber, dass erst nach der Weinlese abgerechnet wird. Schon oft wur-den die Winzer im letzten Moment um den Lohn ihrer anstrengenden Arbeit gebracht.

Erste Müller-Thurgau (Riesling-Silvaner) gegen Ende September

Die ersten reifen Trauben der Sorte Müller-Thurgau (Riesling-Silvaner) wurden am 30. August in Walenstadt gelesen. Das war genau drei Wochen früher als im vergangenen Jahr. Die Hauptlese des Riesling-Silvaners fand zwischen dem 5. und 15. September statt. Die Ernte der weissen Trauben verlief problemlos, waren doch die Trauben grösstenteils sehr gesund. Die zufriedenen Gesichter der Winzer zeigten, dass die Erntemenge und die Traubenqualität erfreulich ausfielen.

Das Kantonsmittel beträgt beim Müller-Thurgau (Riesling-Silvaner) gute 78° Oechsle. Die Erntemenge liegt bei 135’000 kg Trauben. Im Durchschnitt sind pro Quadratmeter knapp 670 Gramm Trauben gelesen worden. Das ist in etwa die gleiche Menge wie 2018. Der diesjährige Ertrag der Sorte Müller-Thurgau liegt 75% über der letztjährigen, äusserst kleinen Ernte. Die Erntemenge entspricht ziemlich genau dem Zehnjahresdurchschnitt.

Eine qualitativ sehr gute Blauburgunder Ernte

Die Ernte der Blauburgunder erstreckte sich von anfangs September bis zum 22. Oktober. Wie ist so eine lange Erntezeit möglich? In der ersten Septemberhälfte wurden Blauburgundertrauben vorwiegend für die Herstellung von Schaumwein und Federweissen gelesen. Die Hauptlese folgte in zwei Teilen. In den frühen Lagen wurde Ende September und in den späteren Lagen, nach einer witterungsbedingten Unterbrechung, in der ersten Oktoberhälfte gelesen. Dank des goldenen Oktobers konnten vielerorts die vollreifen und gesunden Trauben noch bis weit nach Mitte Oktober ausreifen.

Die amtliche Weinlesekontrolle hat beim Blauburgunder im Durchschnitt sehr gute 94° Oechslegrade gemessen. Daraus lässt sich ein aromatischer und kräftiger Pinot Noir keltern. Die geerntete Menge der wichtigsten roten Traubensorte liegt bei 560’000 Kilogramm, bzw. bei rund 500 Gramm pro Quadratmeter. Die diesjährige Blauburgunderernte liegt rund 10% über dem langjährigen Durchschnitt.

Die Ernte der roten und weissen Spezialitäten

Im Kanton St. Gallen werden heute neben den beiden Hauptsorten rund dreissig weitere Rebsorten angebaut. Dieser Anteil an roten und weissen Spezialitäten nimmt von Jahr zu Jahr zu. Immerhin machen diese Spezialitäten bereits einen Drittel der Traubenernte aus.

Der Anbau von krankheitstoleranten Rebsorten, sogenannte PIWI-Sorten, nimmt von Jahr zu Jahr zu. Diese recht robusten Sorten benötigen ebenfalls einen Pflanzenschutz, müssen aber weniger oft behandelt werden. In den vergangenen Jahren konnten sich die weissen Sorten Johanniter und Souvignier gris sowie die roten Sorten Cabernet Jura und Divico einen Namen machen. Es ist in Zukunft mit einer noch grösseren Sortenvielfalt zu rechnen. Es werden jährlich neue krankheitstolerante Rebsorten auf den Markt gebracht.

Bei den Europäer Rebsorten haben sich diesen Herbst praktisch alle Spezialitäten wie Sauvignon blanc, Chardonnay und Diolinoir, usw. mit vorzüglichen Qualitäten behaupten können. Die zweithäufigste rote Sorte im Kanton St. Gallen ist nach wie vor Merlot. Es ist höchst erstaunlich, wie sich diese hervorragende Qualitätswein-Rebsorte in den vergangenen Jahren etabliert hat und von Konsumenten mehr und mehr nachgefragt wird.

Eine kurze Einschätzung des Jahrgangs 2022

Dank der sehr frühen Weinlese und der Experimentierfreudigkeit der St. Galler Weinmacher sind bereits die ersten jungen Weissweine des Jahrgangs 2022 auf dem Markt. Es ist damit zu rechnen, dass im zeitigen Frühjahr grössere Mengen Weissweine auf dem Markt erhältlich sind. Diese fruchtbetonten und frischen Weissweine sind momentan sehr begehrt. In den rund fünfundzwanzig St. Galler Kellereien entwickeln sich aber auch die Rotweine sehr schön. Es ist aufgrund des goldenen Herbstes nicht verwunderlich, dass auch diese bereits im Fass wunderschöne Aromen zeigen. Die ersten Rotweine des Jahrgangs 2022 werden im Frühjahr abgefüllt. Die Konsumenten dürfen sich auf fruchtige und ausbalancierte Weine freuen.

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