Rebjahr und Weinlese 2020

Das Ergebnis der diesjährigen St. Galler Weinlese lautet: klein aber fein. Das trockene Frühjahr und der von der milden Herbstsonne verwöhnte September liess die Trauben rund zehn Tage früher reifen als im Durchschnitt der Jahre. Die Qualität der weissen Hauptsorte Müller-Thurgau (Riesling-Silvaner) liegt bei sehr guten 79° Oechsle. Die rote Hauptsorte, die Blauburgunder, erreichten erfreulich hohe 93° Oechsle. Neben diesen beiden Hauptsorten wurden auf rund dreissig Prozent der Rebfläche verschiedene Spezialitäten wie Chardonnay, Sauvignon blanc, Merlot oder Diolinoir in einer optimalen Qualität geerntet. Die Erträge liegen bei den weissen wie auch bei den roten Sorten rund ein Viertel unter dem Durchschnitt der letzten zehn Jahre.

Das Rebjahr im Überblick

Ein früher Austrieb im April

Der letztjährige Winter gilt als der zweitwärmste seit 1881. Von November bis Februar lagen die Durchschnittstemperaturen teilweise massiv über der Norm. Die tiefsten Temperaturen wurden anfangs Dezember und am 20. Januar mit -4.5° C gemessen. Seit November war immer wieder der Föhn im Spiel. Das Wetter war für die Rebschnittarbeiten wohl angenehm, für die Natur waren die Temperatur ganz einfach zu hoch. Bereits im Februar blühte in geschützten Lagen der erste Löwenzahn.

Es schien als wollte der Winter kurz vor dem Austrieb Ende März doch noch hereinbrechen. Mehrere Nächte mit kalter Polarluft führten zu starken Spätfrösten mit Temperaturen von minus 6 – 7° C. So kalt war es den ganzen Winter nicht. Zu diesem Zeitpunkt waren die Reben noch im Wolle-Stadium und damit vor Kälte noch recht gut geschützt.

Der Austrieb der Reben begann in den ersten April-Tagen. Es zeigte sich, dass es doch vereinzelte Frostschäden gab. Der äussert trockene und warme April liess die Vegetation förmlich explodieren. Gegen Ende April konnten schon Trieblängen von fünfzig Zentimeter und mehr gemessen werden.

Extrem früher Blühbeginn der Reben

Glücklicherweise traten in der kritischen Zeit von Ende April bis Mitte Mai keine Spätfröste mehr auf. Bereits Ende Mai, also rund zwei Wochen früher als üblich, konnten die ersten offenen Rebblüten beobachtet werden. Alles schien angerichtet für einen guten Traubenbehang. Für einen erfolgreichen Blühet mit grossen Trauben ist trockenes Wetter eine wichtige Voraussetzung. Das oft regnerische Wetter in der ersten Junihälfte verzögerte den Blühet stark. Gegen Ende Juni waren vielerorts deutliche Verrieselungsschäden, also viele unbefruchtete Beeren, sichtbar.

Während den Sommermonaten traten immer wieder örtlich starke Gewitter, teilweise mit Hagel, auf. Dies führte in mehreren Regionen zu kleineren bis mittleren Ertragsausfällen. Der vergangene Sommer war geprägt von relativ hohen Temperaturen, aber auch von häufigen Niederschlägen. Die trockenen Phasen dauerten kaum länger als eine Woche. Die gute Wasserversorgung führte zu einem enormen Wachstum der Reben und des Unterwuchses. Die Winzerinnen und Winzer hatten alle Hände voll zu tun mit Einschlaufen, Auslauben und Gras mähen. Die feuchtwarme Witterung begünstigte auch verschiedene gefürchtete Pilzkrankheiten wie den Falschen und den Echten Mehltau.

Die Reifephase setzte bei den frühen Sorten bereits Ende Juli ein, das heisst rund zehn Tage früher im Durchschnitt. Ein deutliches Zeichen der beginnenden Reife bei den roten Sorten war der Farbumschlag. Die Beeren der weissen Sorten verfärbten sich langsam von grün auf gelb und die Triebe begannen zu verholzen.

Eine frühe Weinlese

Im August wechselten sich heisse Sommertage mit intensiven Niederschlägen ab. Über die Hälfte der Niederschläge fielen an zwei Tagen Ende August. Danach setzte aber stabiles, trockenes Wetter ein. Der frühe Vegetationsbeginn und der goldene September liessen die Trauben rund zwei Wochen früher reifen als im Durchschnitt der vergangenen Jahre.

Erste Müller-Thurgau (Riesling-Silvaner) anfangs September

Die ersten reifen Trauben der Sorte Müller-Thurgau (Riesling-Silvaner) wurden am 3. September in Walenstadt gelesen. Kurz darauf folgten die ersten Traubenernten in Thal und Jona. Die Hauptlese der des Riesling-Silvaners fand zwischen dem 14. und 19. September statt. Die Ernte der weissen Trauben verlief weitgehend problemlos. Der Leseaufwand war aufgrund des guten Gesundheitszustandes der Trauben weniger gross als erwartet. Letztendlich war es für viele Winzerinnen und Winzer enttäuschen wie klein die Weinernte ausgefallen ist. Offensichtlich haben das Zusammenfallen verschiedener Faktoren wie Pilzkrankheiten, schlechter Blühet und gebietsweise auch Hagelschäden zu einer ungewohnt kleinen Ernte geführt. Sehr erfreulich ist aber die Qualität der Trauben ausgefallen.

Das Kantonsmittel beträgt beim Müller-Thurgau (Riesling-Silvaner) sehr gute 79° Oechsle. Die Erntemenge liegt bei 106’000 kg Trauben. Im Durchschnitt sind pro Quadratmeter knapp 500 Gramm Trauben gelesen worden. Der diesjährige Ertrag der Sorte Müller-Thurgau liegt rund 30 Prozent unter dem langjährigen Mittel.

Eine qualitativ gute Blauburgunder Ernte

Die Ernte der Blauburgunder begann bereits Mitte September und dauerte bis Ende Oktober. In der ersten Reifephase im September wurden vor allem die Trauben für die Schaumwein- und Federweiss-Produktion geerntet. Dank diesen Vorlesen wurden die Rebstöcke entlastet und die restlichen Trauben konnten sich optimal entwickeln. Nach einem witterungsbedingten Leseunterbruch anfangs Oktober stabilisierte sich das Wetter und es setzte trockenes und sonniges Oktoberwetter ein. Der grosse Teil der noch an den Rebstöcken hangenden Trauben profitierte enorm von der milden Herbstsonne. Die Oechslewerte stiegen von Tag zu Tag und pendelten sich zwischen 95°- 100° ein. Dieser hohe Zuckergehalt, die tiefen Säurewerte und die feinkörnigen Tannine sind die Eckwerte für eine wunderschöne Weinqualität. Die Hauptlese der Blauburgunder-Trauben begann anfangs Oktober und dauerte bis Mitte Oktober. Gegen Ende Oktober konnten vielerorts wunderschön reife Spätlesen mit Oechslewerten von weit über 100° Oe geerntet werden.

Letztendlich erreichte der gemessene Durchschnitt des Blauburgunders über den ganzen Kanton betrachtet sehr gute 93° Oechsle. Daraus lässt sich ein kräftiger, typischer Pinot Noir keltern. Die geerntete Menge der wichtigsten roten Traubensorte liegt bei 430’000 Kilogramm, bzw. bei knapp 400 Gramm pro Quadratmeter. Es konnten viel weniger Trauben gelesen werden als ursprünglich erwartet worden sind. Viele Winzer haben einerseits den Ertrag aktiv reduziert. Es hat sich einmal mehr gezeigt, dass die Natur ihre eigenen Gesetze verfolgt und zusätzlich noch zu einer Ertragsminderung beigetragen hat. Die Weinernte liegt rund 25 % unter dem langjährigen Durchschnitt.

Die Ernte der roten und weissen Spezialitäten

Im Kanton St. Gallen werden heute neben den beiden Hauptsorten rund dreissig weitere Rebsorten angebaut. Dieser Anteil an roten und weissen Spezialitäten nimmt von Jahr zu Jahr zu. Immerhin machen diese Spezialitäten bereits einen Drittel der Traubenernte aus.

Der Anbau von krankheitstoleranten Rebsorten, sogenannte PIWI-Sorten steigt stetig. Diese wenig krankheitsanfälligen Sorten benötigen ebenfalls einen Pflanzenschutz, müssen aber weniger oft behandelt werden. Es ist wünschenswert, dass sich diese Sorten auf dem Markt mehr und mehr durchsetzen können. Die Winzer jedenfalls sind bereit neue Sorten anzubauen. Dazu gehören beispielsweise Johanniter, Seyval blanc oder Souvignier gris. Bei den roten Sorten sind es Divico, Cabernet Jura, Léon Millot und Maréchal Foch.

Bei den Europäer Rebsorten haben sich diesen Herbst Sauvignon blanc und Chardonnay mit vorzüglichen Qualitäten behaupten können. Die zweithäufigste rote Sorte im Kanton St. Gallen ist Merlot. Es ist höchst erstaunlich, wie sich diese hervorragende Qualitätswein-Rebsorte in den vergangenen Jahren etabliert hat.

Eine kurze Einschätzung des Jahrgangs 2020

Die Konsumenten können sich auf fruchtige Weissweine und eher kräftige Rotweine freuen.  Die Jungweine entwickeln sich in den rund fünfundzwanzig St. Galler Kellereien erfreulich. Die ersten Weisswein des Jahrgangs werden wohl bereits bei Frühjahrsbeginn abgefüllt werden. Die Rotweine werden je nach Qualitätsstufe und Verwendungszweck im Stahltank, im grossen Holzfass oder im kleinen Holzfass, dem Barrique ausgebaut und frühestens im kommenden Sommer auf dem Markt anzutreffen sein.

Die Weine des Jahrgangs 2020 werden leicht kräftiger sein. Die konsequent praktizierte Ertragsbeschränkung sowie die natürliche Regulierung wird ihre Wirkung nicht verfehlen. Beim Pinot Noir wurden knapp 400 Gramm Trauben pro Quadratmeter gelesen. Das sind so tiefe Werte wie sie im Burgund des Öfteren anzutreffen sind. Ein willkommener positiver Effekt ist, dass die die Weine dichter und gehaltvoller sein werden.

Medaillen für St. Galler Weine an Weinprämierungen

Auch dieses Jahr haben verschiedene Weingüter erfolgreich an Weinwettbewerben teilgenommen. Dieser friedliche Wettstreit um Gold, Silber oder Punkte spornen unsere Kelterungsbetrieb Jahr für Jahr von neuem an ihr Bestes zu geben. Selbstverständlich braucht es auch immer etwas Glück um erfolgreich zu sein. An den diesjährigen Weinprämierungen haben die folgenden St. Galler Kelterungsbetriebe Gold- oder Silbermedaillen für ihre Weinspezialitäten gewonnen:

 

  • Weingut am Steinig Tisch – Roman Rutishauser, Thal
  • Weingut Gonzen – Stefan Hörner, Sargans
  • Weingut Tobias Schmid und Sohn – Christoph Schmid, Berneck
  • Weinkellerei Haubensak, Altstätten
  • Weinbau Burghof, Robert und Elvira Schwitter, Pfäfers
  • Weingut Calvinza, Jürg Steinmann, Walenstadt
  • Weingut Höcklistein, Andreas Stössel, Rapperswil

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